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Älterwerden in dieser Zeit

Auf seiner "Unterwegs"-Lesetour besuchte Franz Müntefering das DemenzNetz Oldenburg und erzählte in der Garnisonskirche aus seinem Buch "Unterwegs. Älterwerden in dieser Zeit"

Bis auf den letzten Platz gefüllt war die Garnisonkirche in Oldenburg als Franz Müntefering auf Einladung des DemenzNetzes aus seinem Buch "Unterwegs" lesen wollte. Doch zum Lesen ist er nicht gekommen. "Ich bin kein guter Vorleser, ich erzähle lieber, was ich geschrieben habe", schlug er den 350 Zuhörenden vor. Genau das machte den Abend interessant. Denn der einstige Vizekanzler, Bundesminister und SPD-Bundesvorsitzender ist ein blendender Erzähler und Unterhalter.

"Älterwerden in dieser Zeit" lautet der Untertitel seines Buches. Für den 79-Jährigen bedeutet Älterwerden vor allem leben. "Das ist eine spannende Angelegenheit", findet er. Vor allem auch deshalb, "weil sich Alte nicht alt fühlen und auf noch Ältere verweisen." Außerdem werde er häufig gefragt, ob er sich mit 79 Jahren alt fühlt. "Ich bin alt und habe nichts zu verstecken", stellt er klar.

Niemals zuvor in der Geschichte seien Menschen so alt geworden wie gegenwärtig. Deshalb nutze er die Zeit für sich, sei viel unterwegs, spreche mit Menschen, informiere sich, mische sich ein, übernehme Mit- und Selbstverantwortung und wolle mitreden, wenn es um die Frage geht, wohin die Reise gehen soll.

Primär engagiert er sich bei der Bundesarbeitsgemeinschaft Seniorenbüros, einem unabhängiger Verein, dem mehr als 420 Seniorenbüros bundesweit angehören. "Er agiert als Interessenvertreterin und Expertin für das Bürgerschaftliche Engagement älterer Menschen", klärt er auf und fordert neben Kinder- und Jugendhilfeausschüssen in den Kommunen auch einen Ausschuss für die Belange der Alten.

Angesichts der demografischen Entwicklung sei das unerlässlich. "Wir müssen Einsamkeit unter älteren Menschen verhindern", fordert er. "Hier sind gute Ideen und vor allem Sozialarbeiter gefragt", findet er und sieht den Bund finanziell in der Pflicht. Er appelliert aber auch an die Alten, sich zu rühren. "Bewegung ernährt das Gehirn", stellt er klar und ermuntert zu kleinen Gruppen, die sich regelmäßig treffen, gemeinsam gehen und dabei erzählen und gegenseitig auf sich achten. Es mache Sinn, die Dinge zumindest teilweise in die eigenen Hände zu nehmen, "denn demnächst kommen zwei Rentner auf einen Schulabgänger."

Er plädiert für eine gestärkte Altenpflege und bezeichnet sie als Kunst genauso wie Kinder gut zu erziehen. "Das kann nicht jeder", stellt er klar und fordert, nicht nur Altenpfleger sondern alle sozialen Berufe angemessen wertzuschätzen. Warum Menschen, die Autos zusammenbauen mehr verdienen als Altenpfleger, leuchtet dem 79-Jährigen nicht ein und dafür erhält er lautstarken Beifall.

Große Achtung hat er vor all jenen, die sich ehrenamtlich engagieren und ohne die in unserer Gesellschaft nur wenig funktionieren würde. Die Arbeit vom DemenzNetz hält er für absolut notwendig angesichts der Tatsache, dass immer mehr Menschen an Alzheimer und Demenz erkranken. Diese Krankheiten müssten aus der Tabuzone geholt und die Betroffenen aktiv unterstützt werden. Da seien auch attraktive Aufenthaltsorte in den Städten erforderlich, wo sie sich mit ihren Angehörigen bei einem Innenstadtbesuch aufhalten könnten.

Zum Schluss stellte er klar, dass Alte wie alle anderen auch selbstverständlich ins Leben gehören und alle voneinander profitieren. Er ermunterte zur Solidarität und warnte davor, einzelne Gruppen gegeneinander auszuspielen. Franz Müntefering ist von Zuversicht durchdrungen und steht auch noch nach 90 Minuten voll konzentriert und mit bester Laune am Rednerpult. Er hat sich ganz offensichtlich bewegt und darüber sein Gehirn ernährt. Er ist älter geworden aber wirkt wie zu seinen besten Zeiten als Politiker und erntet am Ende sehr viel Beifall. zb

Quelle: Pressemitteilung